Die
"Alpine Skifahrtechnik" - ein Werk von Mathias Zdarsky
Darstellung von Franz Josef Klaus
Schneereiche
Winter und das Buch Nansens (1891) veranlassten ihn, sich aus Norwegen
Schneeschuhe mit der damals üblichen, backenlosen Rohrbügelbindung
kommen zu lassen. Er sah sofort, dass dieses Gerät im Flachland und
zur Not im Hügelland seine Dienste leisten konnte, niemals aber im
steilen alpinen Gelände, wie er es auf seinem Gut dauernd begehen
musste (bis zu 48 Grad geneigte Hänge). Er erkannte, dass nur eine
feste Bindung eine sichere Lenkung auch im steilen Gelände gewährleistete.
Er erfand nach ungefähr 200 Versuchen eine für seine Zeit bahnbrechende
Stahlsohlenbindung (Lilienfelder oder Zdarsky-Bindung), die diesen Bedingungen
entsprach und die außerdem bei Vorwärtsstürzen so weit
nachgab, dass der Fahrer ohne Vergewaltigung der Knochen und Gelenke bis
in die Bauchlage kommen konnte. Damit wurden von vornherein zehntausende
Knochenbrüche und Bänderrisse vermieden, die durch die späteren
festen Backen zwangsläufig herbeigeführt wurden. Erst nach dem
Zweiten Weltkrieg haben die "Sicherheitsbindungen" annähernd
denselben Sicherheitsgrad erreicht wie die Zdarsky-Bindung ein halbes
Jahrhundert vorher.
"Es
ist höchst erfreulich, dass die Erfindung Zdarskys vom Jahre 1896
heute noch in Grundzügen lebendig ist und sicherlich bleiben wird."
(Aus "Mathias Zdarsky -Vater der neuzeitlichen Touren-Sohlenbindungen"
von Friedl Wolfgang, V /1983.) Die alten wackeligen Norweger-Bindungen
erlaubten nur die unsicheren Rücklagebogen (Kreuzhohlkristiania,
Telemark). Zdarsky schob beide sofort beiseite, als ihm seine Bindung
den Vorlageschwung (Stemmschwung) ermöglichte. Zdarsky wurde bald
trotz seinem Alter von 40 Jahren der anerkannt beste Fahrer seiner Zeit.
Er erreichte als erster Mitteleuropäer schon 1896 wiederholt auf
einem 200 Meter langen, 22gradig geneigten Hang Endgeschwindigkeiten von
30 Metern in der Sekunde, also über 100 Stundenkilometer (Lilienfelder
Skilauf-Technik 1897, S.32). Im Fahrkönnen war also Zdarsky einem
Olympiakämpfer der sechziger Jahre ebenbürtig.
Zdarsky
war auch der erste Methodiker des Skifahrens. Seine im November 1896 (mit
der Jahreszahl 1897) erschienene "Lilienfelder Skilauf-Technik"
war das erste Skilehrbuch der Welt, das diesen Namen verdient. Kühn
sind auch die Aussprüche im Vorwort zu diesem Werk. Ausgewählt
davon: "Wie das willige Boot zwingt spielend die wogenden Fluten,
Zwingt auch der sausende Ski länderverwehenden Schnee." Dieses
Werk, das ab der 4. Auflage den Titel "Alpine (Lilienfelder) Skifahrtechnik"
trug, erschien in den Jahren 1896 bis 1925 in 17 Auflagen.
Zdarsky
machte Lilienfeld von 1896 bis zum Ersten Weltkrieg für eineinhalb
Jahrzehnte zur Wiege und zum Ausstrahlungspunkt der neuen alpinen Skifahrweise
und ihres Hauptbewerbes, des Torlaufes. Die Begeisterung für diese
neue "alpine" Form, aber auch die starke Gegnerschaft der "Deutsch-Norweger"
dagegen haben die Namen Zdarsky und Lilienfeld damals weit über Österreichs
Grenzen hinausgetragen, bis nach Norwegen, in das Heimatland des neuen
Gerätes. Der
Erste Weltkrieg unterbrach die Entwicklung des Schneelaufes als eines
herrlichen Sportes, förderte diesen aber zugleich durch die Bewährung
an der Alpenfront. Lilienfeld hat auch im Österreichischen Heeresskifahren
durch Zdarsky eine Rolle gespielt. Hier hat Zdarsky von 1903 an Ausbildungslehrgänge
für das Heer gehalten, später auch an anderen Orten (bis 1910).
Damit wurde das Einstockfahren (als erste sichere Fahrweise) und die Bindung
Zdarskys in das Heer eingeführt (Anleitung für den Gebrauch
und die militärische Verwendung der Ski und Schneereifen, 1908).
Im Ersten Weltkrieg folgte der fast 60jährige einäugige Mann
einem Rufe an die Kärntner Front als Helfer gegen Lawinengefahr,
die auf beiden Seiten zehntausende Opfer forderte. Bei einer Bergung im
Nieder Gailtal am 28. Februar 1916 schlug eine Nachlawine den bis dahin
kerngesunden herkulischen Mann zum dauernden Krüppel.
Die
Verdienste Zdarskys wurden immer deutlicher, wenn man sich auch von seinem
Haupthilfsmittel, dem altnorwegischen Einstock, ab und dem lappisch-neunorwegischen
Doppelstock zugewendet hatte.